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Heft 25

Erschienen in Heft 25, schön blöd
Ressort: Rezensionen

Markus Köhle:
Hanno brennt. Roman

rezensiert von Helene Römer

Rauchsignale für Wordspielschatzsucher

Markus Köhles Hauptfigur schreibt erotische Haustiergeschichten

Hanno brennt. Er brennt für seine neue Flamme Annabell, für ein gemütliches Feierabendbier (oder auch zwei), für einen frisch gebrühten Kaffee gegen die Katerstimmung am nächsten Morgen. Hanno ist abgebrannt. Deshalb brennt er auf finanzielle Unabhängigkeit und für seine neue Geschäftsidee:

Nach einer durchzechten und durchflirteten Nacht glaubt der wortgewandte Überlebenskünstler eine Lücke im Wiener Dienstleistungssektor entdeckt zu haben und versucht diese sogleich zu füllen. Er beginnt herzergreifende und mitunter auch erotische Haustiergeschichten für betuchte Herrchen und Frauchen zu verfassen, um seine bisher arbeitsmarktuntauglichen Talente zu Geld zu machen. Sein Repertoire umfasst sowohl einfache Wellensittich-Gedichte und Stutenstorys als auch Belletristik und Pudel-Oden. Mitbewohner Karl, Langzeitstudent, Computerfreak und chronischer Arbeitsloser steht ihm dabei tatkräftig zur Seite. Die große Zuneigung der Wiener zu ihren vierbeinigen Mitlebewesen beschert der neu gegründeten Firma „Neubau-Schnauze“ bald die ersten grünen Zahlen. Hanno brennt also darauf, weiter zu dichten, bis die Köpfe qualmen. Hanno brennt, bis Feuer am Dach ist, respektive die Kripo vor der Tür. Die Geschäfte kommen ins Rollen, Hanno in den Knast. Der Vorwurf lautet „Bildung einer kriminellen Organisation“, in den Zeitungen werden sie als „radikale Hacker“ und „Internet-Terroristen“ verunglimpft. Hanno und seine angeblichen Mitverschwörer, darunter auch seine Angebetete Annabell, kommen für mehrere Wochen in Untersuchungshaft und mehr sei an dieser Stelle nicht verraten.

Gesellschaftskritischer Abgang

Was bei Markus Köhle in Hanno brennt als harmlose Liebesgeschichte beginnt, wird zu einem politischen Statement gegen staatliche Überwachung. Obwohl die negativen Erfahrungen der Figuren mit dem österreichischen Staat auf einer bedrückenden Realität beruhen – immerhin kam der angeprangerte §278 (Kriminelle Vereinigung und Organisation) bereits mehrmals zur Anwendung –, kommt man als Leser aus dem Schmunzeln nicht mehr heraus: Durch den pointierten Einsatz von Sprachwitz und Ironie schafft der Autor ein abwechslungsreiches Lesevergnügen mit gesellschaftskritischem Abgang.

Hanno ist ein Haustiergeschichtenschreiber (Ihr Haustier ist sein Metier!) – Markus Köhle ein Menschengeschichtenschreiber. Unsere täglichen Gewohnheiten sind sein Metier, und das beherrscht er meisterhaft! Köhle zeigt uns, was die deutsche Sprache alles kann, wenn man sie nur lässt! Abgesehen von den beabsichtigt trockenen Polizeiberichten am Ende des Romans kann der Leser voyeuristisch die banalen Alltagsgewohnheiten und Gedanken der Hauptfiguren verfolgen. Langeweile kommt dabei nicht auf, dafür sorgt der ambitionierte Poetry-Slammer Köhle durch Rap-artige Passagen, Songtextausschnitte, Wortspiele, Wortneufindungen und ungewöhnliche Wortzusammenstellungen. Es wird geslammt, gereimt, gerappt und fabuliert. Dass die Figurenzeichnungen dabei manchmal etwas übertrieben ausfallen, sei dem Autor verziehen – sie erscheinen dadurch umso amüsanter.

Rezensionen

Buch

Werner Fiedler:
Die Apokalypse des frommen Jakob

2024: edition kürbis, S. 243
rezensiert von Hermann Götz

Zeuge gegen Jehova Werner Fiedler wollte ein Drehbuch über seine Kindheit in einer Sekte schreiben. Es ist ein dichtes Buch geworden Jakob wächst mit seiner Mutter Monika auf, die die

Buch

Stefan Schmitzer:
loop garou – invokationen

2024: Ritter, S. 96
rezensiert von Sophie Reyer

Differenzwiederholungen vom Feinsten „loop garou – invokationen“ – diesen Titel trägt Stefan Schmitzers neuer Lyrikband – und jenes besondere Wortspiel zu Beginn, das einerseits auf den französischen Werwolf („loup garou“),

Buch

Priya Guns:
Dein Taxi ist da

2023: Blumenbar, S. 329
rezensiert von Lisa Höllebauer

Rezension: Eine Taxifahrt durch Welten Wie der Titel bereits ankündigt, erwarten Sie hier bestimmt eine klassische Rezension – und ich verspreche, die kommt auch noch – aber einleitend muss ich

Buch

Kulturinitiative Kürbis Wies (Hg.):
Der Mann, der sich weigert, die Badewanne zu verlassen

2022: Edition Kürbis, S.
rezensiert von Hermann Götz

Der Geist von Wolfgang Bauer … … zu Gast in der schreibkraft-Redaktion. Mit einem Open Call for Minidramen hat die Edition Kürbis einen Coup gelandet: Über 160 Einreichungen zelebrierten vor

Buch

Günther Kaip:
Rückwärts schweigt die Nacht

2022: Klever, S. 140
rezensiert von Stefan Schmitzer

Vergessen, surreal erinnert Günther Kaip verdichtet Lyrik, Prosa und Zeichnungen zu einem traumhaften Ganzen. „Rückwärts schweigt die Nacht“ – der Titel verräumlicht gewissermaßen, was beim Vergessen mit der gelebten Zeit

Buch

Sabine Haupt:
Die Zukunft der Toten

2022: die brotsuppe, S. 216
rezensiert von Hermann Götz

Dreizehn Sabine Haupts Erzählband „Die Zukunft der Toten“ macht Stippvisite auf der dunklen Seite des Mondes. „Jemand musste ihn verraten haben, oder verleumdet, vielleicht auch nur verwechselt.“ Kommt Ihnen bekannt

Buch

Sarah Kuratle:
Greta und Jannis

2021: Otto Müller, S. 232
rezensiert von Hermann Götz

Vom Anfang oder Ende der Zeit Sarah Kuratles märchenhaft dichter Roman Greta und Jannis. Sarah Kuratle hat ein Märchen geschrieben. Oder nein: einen Roman. Einen ganz und gar märchenhaften. Die

Buch

Markus Köhle:
Zurück in die Herkunft

2021: Sonderzahl, S. 208
rezensiert von Hermann Götz

Best of Poetry Markus Köhle wird in Zurück in die Herkunft zum Plagiatsjäger seiner selbst. Ok, über Slam-Poetry bedarf es hier keiner großen Worte. Dass Poesie als performative Kunst gelebt

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