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Heft 45

Erschienen in Heft 45, kinderleicht
Ressort: Rezensionen

Astrid Lindgren:
Die Brüder Löwenherz

rezensiert von Manuel Rubey

Zuversicht, weil die Welt den Verstand verloren hat

Auf dem Tisch vor mir liegen die Lebensaufzeichnungen von Astrid Lindgren. Die Menschheit hat den Verstand verloren. Damals schon? Auch, wenn alles vergeht. Die große Kunst bleibt. Und die Königin der Literatur ist für mich diese große Erzählerin. Die Erfinderin von Pippi, Madita und Karlsson. Dennoch gibt es eine Geschichte, die mein junges Weltbild für immer verändert hat: Die Brüder Löwenherz. Wenn mich die Erinnerung nicht trügt, dann hat mir meine Mutter die Geschichte zum ersten Mal vorgelesen. Als ich endlich selbst lesen konnte, habe ich sie selbst wieder gelesen. Als meine Frau zum ersten Mal schwanger war, habe ich sie ihr vorgelesen. Den Kindern habe ich sie dann auch vorgelesen und ich werde sie auch noch den Enkelkindern vorlesen. So zumindest in meiner Vorstellung. Lindgren beginnt die Kindergeschichte mit einem Sprung in den Tod. Der neunjährige Karl liegt schwer lungenkrank im Bett und weiß, dass er bald sterben wird, obwohl es ihm keiner sagen möchte. Er bewundert seinen 13-jährigen Bruder Jonathan, der schlau, mutig, schön und überall beliebt ist. Jonathan versucht, seinem geliebten kleinen „Krümel“ die Angst vor dem Tod zu nehmen, indem er ihm vom Land Nangijala erzählt. Ein Land, das nach dem Tod wartet und in dem die Heckenrosen blühen, als kriegten sie es bezahlt. Dort werde Krümel auch völlig gesund sein und den ganzen Tag Abenteuer erleben. Jonathan stürzt sich für seinen Bruder in den Tod. Aber nicht auf sinnlose, pseudo-märtyrerhafte Weise, sondern ganz pragmatisch. Er will ihn retten und verletzt sich dabei tödlich. Eines Abends hat Karl beim Einschlafen das Gefühl, dass er in dieser Nacht sterben wird. Tatsächlich findet er sich kurz darauf gesund bei Jonathan in Nangijala wieder. Die Lehrerin hatte Jonathan im Nachruf Löwenherz genannt. Genialerweise, stellt Karl fest, heißen sie hier nun beide so. Nomen est omen. Das wird nämlich auch nötig sein. Was folgt ist kein Himmelreich, sondern eine Welt, in der bald das Grauen regiert. Die beiden Brüder halten dagegen, weil es sich lohnt, weil uns ja auch nichts anderes übrigbleibt, und weil wir die Zuversicht brauchen, gerade weil die Welt wieder den Verstand verloren hat. „Ich sehe das Licht!“

Rezensionen

Buch

Werner Fiedler:
Die Apokalypse des frommen Jakob

2024: edition kürbis, S. 243
rezensiert von Hermann Götz

Zeuge gegen Jehova Werner Fiedler wollte ein Drehbuch über seine Kindheit in einer Sekte schreiben. Es ist ein dichtes Buch geworden Jakob wächst mit seiner Mutter Monika auf, die die

Buch

Stefan Schmitzer:
loop garou – invokationen

2024: Ritter, S. 96
rezensiert von Sophie Reyer

Differenzwiederholungen vom Feinsten „loop garou – invokationen“ – diesen Titel trägt Stefan Schmitzers neuer Lyrikband – und jenes besondere Wortspiel zu Beginn, das einerseits auf den französischen Werwolf („loup garou“),

Buch

Priya Guns:
Dein Taxi ist da

2023: Blumenbar, S. 329
rezensiert von Lisa Höllebauer

Rezension: Eine Taxifahrt durch Welten Wie der Titel bereits ankündigt, erwarten Sie hier bestimmt eine klassische Rezension – und ich verspreche, die kommt auch noch – aber einleitend muss ich

Buch

Kulturinitiative Kürbis Wies (Hg.):
Der Mann, der sich weigert, die Badewanne zu verlassen

2022: Edition Kürbis, S.
rezensiert von Hermann Götz

Der Geist von Wolfgang Bauer … … zu Gast in der schreibkraft-Redaktion. Mit einem Open Call for Minidramen hat die Edition Kürbis einen Coup gelandet: Über 160 Einreichungen zelebrierten vor

Buch

Günther Kaip:
Rückwärts schweigt die Nacht

2022: Klever, S. 140
rezensiert von Stefan Schmitzer

Vergessen, surreal erinnert Günther Kaip verdichtet Lyrik, Prosa und Zeichnungen zu einem traumhaften Ganzen. „Rückwärts schweigt die Nacht“ – der Titel verräumlicht gewissermaßen, was beim Vergessen mit der gelebten Zeit

Buch

Sabine Haupt:
Die Zukunft der Toten

2022: die brotsuppe, S. 216
rezensiert von Hermann Götz

Dreizehn Sabine Haupts Erzählband „Die Zukunft der Toten“ macht Stippvisite auf der dunklen Seite des Mondes. „Jemand musste ihn verraten haben, oder verleumdet, vielleicht auch nur verwechselt.“ Kommt Ihnen bekannt

Buch

Sarah Kuratle:
Greta und Jannis

2021: Otto Müller, S. 232
rezensiert von Hermann Götz

Vom Anfang oder Ende der Zeit Sarah Kuratles märchenhaft dichter Roman Greta und Jannis. Sarah Kuratle hat ein Märchen geschrieben. Oder nein: einen Roman. Einen ganz und gar märchenhaften. Die

Buch

Markus Köhle:
Zurück in die Herkunft

2021: Sonderzahl, S. 208
rezensiert von Hermann Götz

Best of Poetry Markus Köhle wird in Zurück in die Herkunft zum Plagiatsjäger seiner selbst. Ok, über Slam-Poetry bedarf es hier keiner großen Worte. Dass Poesie als performative Kunst gelebt

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