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Heft 33

Erschienen in Heft 33, anlegen
Ressort: Rezensionen

Robert Forster:
Grant & ich. Die Go-Betweens

rezensiert von Heimo Mürzl

Bobbie und Grant

Robert Forster erzählt in seinem Buch „Grant & ich“ von der außergewöhnlichen Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen Grant McLennan und Robert Forster, besser bekannt als The Go-Betweens.

Es ist erstaunlich, dass sich immer mehr exzellente Popmusiker auch in der Literaturszene markant bemerkbar machen. Nicht jedem gelingt das mit gleich großer Qualität. Robert Forster dagegen zieht auch als Geschichtenerzähler alle Register. Als Songwriter wurde er dafür gepriesen, poetische und zugleich kraftvolle Texte in wunderbare Songs zu verwandeln. In seinem Buch „Grant & ich“, einer berührenden Hommage an seinen unvergessenen Freund und Bandkollegen, erweist sich der begnadete Songwriter auch als großer, weiser und souveräner Autor. „Aber es ging mir in erster Linie um Grant, und ich wurde auf eine Weise empfangen, die sich über die Jahre kaum veränderte. Er lag auf seinem ordentlich gemachten Einzelbett, eine Zeitschrift auf seinem Bauch aufgestützt, die er bei meiner Ankunft unter seine Nase sinken ließ, um mich traumverloren mit einem „Oh, hi Bobbie“ zu begrüßen. Er war einer der wenigen, die mich so nannten. (…) Die Bekanntschaft mit Grant löste meine Probleme nicht alle über Nacht, aber er war der erste Mensch, dem ich begegnete, der ganz auf meiner Wellenlänge war, und schon bald betrachtete ich ihn als meinesgleichen. (…) Es gab sofort diesen Pakt zwischen uns.“ So einfühlsam und zugleich gewitzt, so beiläufig und zugleich authentisch, wie Robert Forster seinen Besuch bei Grant McLennan am St. John´s College schildert, beschreibt der bekennende Dandy Forster in seinem Buch #Grant & ich# die Geschichte seiner Freundschaft mit Grant McLennan und die Geschichte ihrer Band The Go-Betweens. Gemeinsam gründeten die beiden Musiker Ende der 1970er-Jahre die Band, die mit ihrem distinguierten Folkpop stets am Rande zur Weltberühmtheit stand. Menschliche Unzulänglichkeiten, zwei Individualisten mit Rückgrat, diverse Eitelkeiten und persönliche Dämonen hatten das aber stets verhindert. Ende der 1980er-Jahre trennten sich McLennan und Forster im Guten und rechtzeitig, bevor sie ihre Freundschaft zu sehr gefährdet hätten. Auch davon erzählt Forster in seinem Erinnerungsbuch. Manchmal ein wenig melancholisch, oft selbstironisch und selten exzentrisch. Es bedarf eines wirklich guten und souveränen Autors, um nicht in Beliebigkeit, Bekenntnissucht oder Weinerlichkeit zu verfallen. Forster gelingt es aber über ganze 366 Seiten, seinen Freund, ihre Freundschaft und ihre gemeinsame Bandkarriere präzise, einfach und doch mit Würde und Eleganz abzubilden und aufzubereiten. #Grant & ich# funktioniert sowohl als lebensnahes Porträt einer intensiven und nicht ganz reibungsfreien Freundschaft zweier außergewöhnlicher Musiker und eigenwilliger Charaktere als auch als Chronik einer Band, deren Sound über Jahrzehnte das popmusikalische Schaffen eines ganzen Kontinents prägte. Was dieses Buch jedoch erst zu einem kleinen Meisterwerk werden lässt – die britischen Musikmagazine „Uncut“ und „Mojo“ wählten das Buch in seltener Übereinstimmung zum Buch des Jahres – ist, dass #Grant & ich# bei aller Trauer und Melancholie beileibe kein düster-trauriger Abgesang auf vergangene Zeiten geworden ist. Robert Forster kann trauern, ohne auch nur eine Spur sentimental zu werden. Beispielgebend ist dafür seine Beschreibung der Begräbnisfeierlichkeiten in der St. John´s Cathedral: „Grant war ein Glaubender. Er glaubte an all die guten, schönen und erhebenden Dinge des Lebens. Gedichtzeilen, die Schatten eines Films, die majestätische Größe eines tollen Popsongs. (…) Die Leute kamen aus der Kirche. Ich blieb zurück. Ich berührte den Sarg, denn ich wusste, dass Grant drinnen zuhörte. Auch die Go-Betweens wurden beerdigt, das wussten wir beide; niemals aber der Geist der Zusammenarbeit zweier junger Männer, die diese Band gegründet hatten. „Mach´s gut, Kumpel“, sagte ich. „Ich trage es weiter.“ Dann war er fort.“ #Grant & ich# ist ein Buch über Musik und Freundschaft, über Kunststudenten an der Universität, die sich über ihre gemeinsame Leidenschaft für Literatur und Film kennenlernen, über Bandgründung, Split und Wiedervereinigung, über die Ups & Downs von Band und Personen, über Welteroberungsfantasien und die Wirklichkeit, die ihre eigene Geschichte zu erzählen hat. „Wir waren zwei junge Typen in Brisbane. Wir hatten unsere Träume.“ Robert Forster zeichnet in seinem Buch „Grant & ich“ nicht nur ein anrührendes, dabei aber unsentimentales Bild seines spleenigen und so begabten Freundes Grant McLennan, sondern auch ein gewitztes und selbstironisches Selbstporträt des australischen Songschreibers Robert Forster – bekennender Dandy, treuer Freund und meisterhafter (Auto-)Biograph.

Rezensionen

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Werner Fiedler:
Die Apokalypse des frommen Jakob

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Zeuge gegen Jehova Werner Fiedler wollte ein Drehbuch über seine Kindheit in einer Sekte schreiben. Es ist ein dichtes Buch geworden Jakob wächst mit seiner Mutter Monika auf, die die

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Differenzwiederholungen vom Feinsten „loop garou – invokationen“ – diesen Titel trägt Stefan Schmitzers neuer Lyrikband – und jenes besondere Wortspiel zu Beginn, das einerseits auf den französischen Werwolf („loup garou“),

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Rezension: Eine Taxifahrt durch Welten Wie der Titel bereits ankündigt, erwarten Sie hier bestimmt eine klassische Rezension – und ich verspreche, die kommt auch noch – aber einleitend muss ich

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Der Geist von Wolfgang Bauer … … zu Gast in der schreibkraft-Redaktion. Mit einem Open Call for Minidramen hat die Edition Kürbis einen Coup gelandet: Über 160 Einreichungen zelebrierten vor

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Günther Kaip:
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Vergessen, surreal erinnert Günther Kaip verdichtet Lyrik, Prosa und Zeichnungen zu einem traumhaften Ganzen. „Rückwärts schweigt die Nacht“ – der Titel verräumlicht gewissermaßen, was beim Vergessen mit der gelebten Zeit

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Sabine Haupt:
Die Zukunft der Toten

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Dreizehn Sabine Haupts Erzählband „Die Zukunft der Toten“ macht Stippvisite auf der dunklen Seite des Mondes. „Jemand musste ihn verraten haben, oder verleumdet, vielleicht auch nur verwechselt.“ Kommt Ihnen bekannt

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Sarah Kuratle:
Greta und Jannis

2021: Otto Müller, S. 232
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Vom Anfang oder Ende der Zeit Sarah Kuratles märchenhaft dichter Roman Greta und Jannis. Sarah Kuratle hat ein Märchen geschrieben. Oder nein: einen Roman. Einen ganz und gar märchenhaften. Die

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Markus Köhle:
Zurück in die Herkunft

2021: Sonderzahl, S. 208
rezensiert von Hermann Götz

Best of Poetry Markus Köhle wird in Zurück in die Herkunft zum Plagiatsjäger seiner selbst. Ok, über Slam-Poetry bedarf es hier keiner großen Worte. Dass Poesie als performative Kunst gelebt

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