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Erschienen in Anna Herzig: Das Seil, Das Seil
Ressort: Rezensionen

Anna Herzig:
Das Seil

rezensiert von Hermann Götz

Eine Geschichte, die auszuckt

 „Das Seil“ von Johanna Herzig schnürt einem – kunstvoll – den Hals zu.

Ein Seil kann retten, es kann fesseln, es kann Mord- und Selbstmordwerkzeug sein oder auch ein fester roter Faden, der sich durch eine Geschichte zieht. Im Roman „Das Seil“ der austro-kanadischen Autorin Anna Herzig ist es alles das zusammen. Und dazu noch eine Metapher, für die unentrinnbare Verbundenheit mit der Vergangenheit: mit jenem Erlebten, das uns an sie fesselt, im Guten wie – noch viel öfter – auch im Bösen.

Herzig widmet ihr 2025 im Wiener Septime-Verlag erschienenes Buch allen, „die eine schwere Kindheit überlebt haben“. Sie schildert darin nicht weniger als den Totalausfall, das Blackout. Nicht der Infrastruktur sondern ihrer Protagonistin. Missbrauch zeitigt in ihrer Geschichte spätere Ausfälle und Ausfälligkeiten: das Herausfallen, aus der Welt, die einen kaputt macht.

Es war eine Mutter, die das finanzielle Auskommen sucht, in dem sie ihren behinderten Sohn zum Missbrauch feilbietet. Es war ein Großvater, der viel zu spät versteht, was da läuft, seine Tochter verstößt, seine Enkelin rettet – oder eben doch nicht. Von diesem Großvater stammt auch jene Geschichte vom Seil, die der Protagonistin einen Literaturpreis beschert. Es war ein Preis, der ihr wahrscheinlich nicht zusteht: Weil es zwar ihre Geschichte war, aber eben nicht die ihre.

Aber wem gehören die Worte, die die Vergangenheit ausspuckt? Wem gehört das Erinnern? Der feste rote Faden, den Herzig spinnt, verwirrt sich, umschlingt ihre Geschichte, doch die zuckt immer wieder aus. Was ist Wunsch-, was Alptraum, was ist verdrängt, geleugnet, was herbeiphantasiert?

Herzigs Buch fesselt die Leserin (der Leser ist als Minderheit wie immer mit gemeint), man verschlingt es, oder besser: Es verschlingt einen. In einem Zug. Nicht nur weil es ein schmaler Band von gerade mal 116 luftig bedruckten Seiten ist, in dem sich der Furor dieser Geschichte verdichtet, vielmehr weil die ebenso kunstvoll wie sarkastisch gestrickte Erzählung einen erschreckend fest packt. Und nicht mehr loslässt.

Anna Herzig: Das Seil, Roman, Wien: Septime 2025, 116 Seiten

Das Buch ist hier erhältlich

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