Dem Abgrund nah
Über unerwiderte Liebe und rasende Leidenschaft
Bei einem ersten kurzen Blick auf das Cover dieses Romans von Elmar Mayer-Baldasseroni könnte man fast meinen, es handle sich um einen Psychothriller: ein glühend rot-gelbes Herz auf schwarzem Grund, darunter der vielsagende Titel: Die Hinrichtung. Was auf den nächsten 224 Seiten folgt, ist jedoch kein Psychothriller im klassischen Sinne. Auch die Erwartung einer grausamen Hinrichtung wird enttäuscht: keine Schüsse, kein Köpferollen, kein Blutvergießen. Dafür eine persönliche, selbstzerstörerische Hinrichtung mit Unmengen an literarischem Herzblut. Und irgendwie doch auch wieder ein Psychothriller, der seinesgleichen sucht.
Die Misere beginnt, als der namenlose Ich-Erzähler, seines Zeichens Genetik- und Philosophiestudent kurz vor Erlangung des Doktortitels, in einem Wiener Club ein fesches Mädel kennenlernt. Dass die rotblonde Schönheit aus Island stammt, ist bald herausgefunden. Auch, dass sie, welch Glück, schon bald für einige Auslandssemester nach Österreich kommen wird, um sich an der Wiener Uni zwecks Sprachkenntnisverbesserung dem Studium der Germanistik zu widmen. Man tauscht E-Mail-Adressen, wechselt ein paar ungezwungene Worte, lernt sich kennen. Doch damit nicht genug. Denn vom Moment des ersten Blickkontakts an ist es um den Erzähler geschehen, das ahnungslose Mädel zum Objekt seiner tiefsten Obsessionen auserkoren. Es ist „der Abgrund“, der ihn immer weiter in eine niemals enden wollende Spirale der Selbstvorwürfe, der blinden Wut und der Hoffnungslosigkeit hineinzieht. Ein „widerlicher, verdreckter Abgrund“, der auch sonst mit allerlei wenig schmeichelhaften Attributen versehen wird. Bei der fulminanten Darstellung der leid- und hassgetränkten Tiraden des Schmerzes wird nämlich so gar nicht am Einbezug diverser Körperflüssigkeiten, Ausscheidungsorgane und Darstellungen von Geschlechtsakten gespart, wobei der Autor eine wahrhaft verblüffende Kreativität an den Tag legt.
In einer halt- und atemlosen Irrfahrt hetzt der Erzähler fortan also durch die tiefsten Abgründe des eigenen Seins, verlangend und verzweifelt, wutentbrannt und schmerzerfüllt. Die Angebetete, gleichzeitig Heilige und Inkarnation des Bösen, lässt der Seelenschmerz des Verehrers kalt. Er ist nur einer von vielen, der sich gegen ihren Willen in sie verliebt. Das Ende: vorhersehbar. Doch das spielt keine Rolle, genauso wie die die Handlung dieses Romans. Viel zu eindringlich sind die Worte selbst, die den Leser mitnehmen in eine Welt der literarischen Provokationen, unerwiderten Emotionen, bodenlosen Obsessionen.
Elmar Mayer-Baldasseroni hat mit der Hinrichtung einen Erstlingsroman der Extraklasse geschaffen, der zwar zu Beginn durch seine literarische Überzogenheit etwas anstrengen mag, sein Potential auf andere Weise aber kaum so großartig entfalten könnte. Die Erzählung weist eine starke autobiografische Färbung auf – unter anderem hat Mayer-Baldasseroni selbst einen Doktor in Genetik und Bioethik und wie die Erzählfigur den Leopold-Kunschak-Wissenschaftspreis gewonnen. Das eingangs erwähnte rot-gelbe Herz am Cover stammt übrigens aus dem Pinsel des Autors selbst,