x
Anfrage senden

Heft 25

Erschienen in Heft 25, schön blöd
Ressort: Rezensionen

Georg Petz:
Bildstill. Roman

rezensiert von Mario Karl Hladicz

Wenn nichts mehr weitergeht

Blöde Situation: Die Hauptfigur von Georg Petz‘ „Bildstill“ steckt in einem endlosen Stau

Matthias Trzky, Anglist und überschaubar erfolgreicher Schriftsteller, befindet sich auf dem Weg zu einer Feier in der Wiener Künstlerszene. Dort anwesend sind unter anderem seine ehemalige Studentin Saša, deren Ehemann Harald sowie sein Verleger, mit dem das neue Buchprojekt besprochen werden soll. Doch mitten auf der Autobahn geht plötzlich nichts mehr, alles steht still und Matthias wird reglos hinter dem Lenkrad sitzend auf sich selbst zurückgeworfen. Was auf diese Eingangssequenz folgt, ist eine knapp 200-seitige komplexe Denkbewegung bei völligem Stillstand: Matthias kommt unweigerlich ins Grübeln, etwa über sein Beziehungschaos mit Saša und seiner eigentlichen Freundin Sophia, die von ihm ein Kind erwartet, oder über seinen noch zu schreibenden Roman, dem er ein Vorwort voranstellen will, das die Frage aufwirft, „wie (…) der moderne Roman aussehen [soll], um seine volle Potenz entwickeln zu können, als ein artifizielles Medium, das dennoch lustbegabt sei angesichts der im Umkleiden begriffenen Erotik des neuen Jahrhunderts.“ (Nicht nur Matthias kann sich lebhaft vorstellen, wie der Verleger ob dieser Idee die Nase rümpfen wird).

Rasch wird die Hauptfigur und mit ihr der Leser in einen rasanten Gedankenwirbel hineingezogen, bei dem sich Phantasie und Wirklichkeit überlagern, die Zeitebenen ins Strudeln kommen und ständig die Perspektiven wechseln: Was treibt die zu Hause gebliebene Sophia um, was die sich auf der Party langweilende Saša? Dabei wechseln sich zarte, poetische Bilder mit atemlosen, zornigen Gedanken zum Zustand der Gesellschaft ab; dazwischen gibt es immer wieder markante Schnitte, ein stilles Innehalten; der Moment im Bildstill, in dem die Figuren ihre Masken fallen lassen, die sorgsam aufgebaute Lebenslüge bröckelt.
Lesevergnügen für Aufmerksame
Georg Petz, Jahrgang 1977, legt mit seinem dritten, 2011 erschienen Roman ein geschickt konstruiertes Erzählwerk vor, in dem souverän mit verschiedenen literarischen Techniken verfahren wird. Dass die Vorbilder vor allem in der literarischen Moderne zu suchen sind, macht bereits der Eingangssatz deutlich: „Irgendetwas muss geschehen sein, denn ohne sichtbaren Grund gerät der Verkehr auf der Tangente plötzlich ins Stocken.“ Freilich wird dabei vom Leser auf engem Raum einiges abverlangt; die fließenden Übergänge zwischen den Perspektiven, die auf der Stelle tretende Handlung sowie das wechselnde Erzähltempo machen klar, dass Petz mit Unterhaltung im seichten Sinne des Wortes wenig bis gar nichts zu tun hat. Für anspruchsvolle, aufmerksame Leser kann Bildstill jedoch ein großes Lesevergnügen bedeuten – kann man für ein paar Stunden der Lektüre doch selbst ganz (bild-)still werden und das eine oder andere ungewöhnliche Bild, den einen oder anderen bemerkenswerten Gedanken für sich mitnehmen. Das wäre an sich schon nicht so wenig, was ein moderner Roman zu leisten imstande ist.

Rezensionen

Buch

Werner Fiedler:
Die Apokalypse des frommen Jakob

2024: edition kürbis, S. 243
rezensiert von Hermann Götz

Zeuge gegen Jehova Werner Fiedler wollte ein Drehbuch über seine Kindheit in einer Sekte schreiben. Es ist ein dichtes Buch geworden Jakob wächst mit seiner Mutter Monika auf, die die

Buch

Stefan Schmitzer:
loop garou – invokationen

2024: Ritter, S. 96
rezensiert von Sophie Reyer

Differenzwiederholungen vom Feinsten „loop garou – invokationen“ – diesen Titel trägt Stefan Schmitzers neuer Lyrikband – und jenes besondere Wortspiel zu Beginn, das einerseits auf den französischen Werwolf („loup garou“),

Buch

Priya Guns:
Dein Taxi ist da

2023: Blumenbar, S. 329
rezensiert von Lisa Höllebauer

Rezension: Eine Taxifahrt durch Welten Wie der Titel bereits ankündigt, erwarten Sie hier bestimmt eine klassische Rezension – und ich verspreche, die kommt auch noch – aber einleitend muss ich

Buch

Kulturinitiative Kürbis Wies (Hg.):
Der Mann, der sich weigert, die Badewanne zu verlassen

2022: Edition Kürbis, S.
rezensiert von Hermann Götz

Der Geist von Wolfgang Bauer … … zu Gast in der schreibkraft-Redaktion. Mit einem Open Call for Minidramen hat die Edition Kürbis einen Coup gelandet: Über 160 Einreichungen zelebrierten vor

Buch

Günther Kaip:
Rückwärts schweigt die Nacht

2022: Klever, S. 140
rezensiert von Stefan Schmitzer

Vergessen, surreal erinnert Günther Kaip verdichtet Lyrik, Prosa und Zeichnungen zu einem traumhaften Ganzen. „Rückwärts schweigt die Nacht“ – der Titel verräumlicht gewissermaßen, was beim Vergessen mit der gelebten Zeit

Buch

Sabine Haupt:
Die Zukunft der Toten

2022: die brotsuppe, S. 216
rezensiert von Hermann Götz

Dreizehn Sabine Haupts Erzählband „Die Zukunft der Toten“ macht Stippvisite auf der dunklen Seite des Mondes. „Jemand musste ihn verraten haben, oder verleumdet, vielleicht auch nur verwechselt.“ Kommt Ihnen bekannt

Buch

Sarah Kuratle:
Greta und Jannis

2021: Otto Müller, S. 232
rezensiert von Hermann Götz

Vom Anfang oder Ende der Zeit Sarah Kuratles märchenhaft dichter Roman Greta und Jannis. Sarah Kuratle hat ein Märchen geschrieben. Oder nein: einen Roman. Einen ganz und gar märchenhaften. Die

Buch

Markus Köhle:
Zurück in die Herkunft

2021: Sonderzahl, S. 208
rezensiert von Hermann Götz

Best of Poetry Markus Köhle wird in Zurück in die Herkunft zum Plagiatsjäger seiner selbst. Ok, über Slam-Poetry bedarf es hier keiner großen Worte. Dass Poesie als performative Kunst gelebt

    Anfrage

    Möchten Sie ein Heft bestellen?
    Bitte geben Sie die Heft-Nr. und Ihre Adresse an:

    Ihre Kontaktdaten werden zum Zweck der Kontaktaufnahme im Rahmen dieser Anfrage gespeichert. Mit dem Absenden dieses Formulars stimmen Sie dieser Verwendung zu. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.