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Heft 36

Erschienen in Heft 36/37, ordinär
Ressort: Kunst

Fisch mit Fülle

Maria Sterkl

Meistens stoßen wir an auf das Leben, weil uns die Anlässe ausgegangen sind, um zu trinken. Kein neuer Auftrag ist da und kein alter abgeschlossen, kein Kind hat ein Zeugnis, weil ein Kind es nicht gibt, öde Endvierziger sind wir, an einem Samstagabend, nach dem Mahl zu zweit, Fisch mit Fülle. Festlich. Fad.

„Gestern auf der Samstagsdemo haben sie wieder drei festgenommen“, sagt er. Wir zwei am Balkon. Er im Liegestuhl neben mir, Handy in der Hand, Zeigefinger macht Dingeling auf Display. Warum erzählt er mir das, frage ich mich. Drei Festnahmen sind klar unter Durchschnitt und weit unter Peak. Peak wären fünfzig Festnahmen. „Drei sind nichts“, will ich sagen und sage „Hm“. Aber mein Hirn verbeißt sich darin. Warum sagt er mir das, fragt es in mir, es hat keinen Newswert, das weiß er doch. Sagt er es, um Geräusch zu erzeugen? Nervt ihn mein Schweigen? Bin ich ihm zu fad? Na wenn schon, wenn es so ist, Mann, dann raus mit der Sprache! Sag, was dich stört!

Ich kremple die Ärmel am schulterfreien Kleid hoch und frage: „Und?“ Dann hole ich Luft und sage mutig: „Sind sie wieder frei?“ Ich frage es, obwohl ich weiß, es ist Abend. Vor dem Morgen kommt nie jemand frei. Ich frage es, um ihn zu spiegeln. Er hört es, ich sehe, er runzelt die Stirn. Ich denke Halleluja, eine Regung! Vielleicht sagt er jetzt „blöde Frage“, dann könnten wir streiten, es könnte eskalieren, dann würde kurz geschmollt werden und danach Umarmung und Sex. Das wär doch was. Doch er sagt nur: „Weiß nicht, steht nicht da.“

 

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