Stefan George, Stéphane Mallarmé und die anderen.
Schimpfwörter waren in meiner Kindheit verboten – ebenso wie Comics, Stinkefinger oder obszöne Witze. Und seltsam, ja unpassend wäre es uns Kindern vorgekommen, in den abendlichen Erzählungen des Großvaters vulgäre oder gar ordinäre Ausdrücke zu hören. Und dass die Buben aus der Nachbarschaft nicht immer die Grenzen des Schicklichen beachteten und der eine oder andere gar versuchte, einem Mädchen die Unterhose über die Schenkel zu ziehen, war ein absolutes „No-Go“ und Zeichen moralischer Unsicherheit. Die Welt, in der wir lebten, war einfach, ländlich, rustikal und die Sprache war bäurisch, deftig, dialektal und vulgär nur im ursprünglichen Wortsinn als Sprache des Volkes. Die sprachliche wie moralische Norm verlief genau entlang der Linie, die den „Deppn“ vom „Arschloch“ und die „Urschel“ von der „Schlampn“ trennte. Und dann gab es zu alledem noch – aber das würde zu weit führen – eine Gender-Marklinie. Denn während in den von Männern gesungenen Gstanzln durchaus zweideutige Reime auftauchen konnten, sangen wir Mädchen die moralisch und sprachlich gereinigten Volkslieder aus dem Steirischen Liederbuch: „Und wenns amoi schen aper wird …“
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